11. Februar 2025 | 

Nachbarschaftsmission – Überraschung auf argentinisch.

Von 2008 bis 2009 lebte ich in Argentinien und absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr. Ich war in der zweitgrößten Stadt in Córdoba auf Campos Blancos der Missionsseminars EMPI beheimatet und machte einige Reisen innerhalb das Land und bis nach Brasilien.

Geistlich hat mich diese Zeit viel erleben lassen, das ich in meinem Leben nicht missen will. Auch einige Freundschaften mit den Menschen dort haben sich bewährt. Die Herausforderung begann schon mit der Anreise, denn ich war noch nie in meinem Leben alleine verreist, geschweige denn in Südamerika gewesen. Aber ich erinnere mich, dass ich alles aufsog und die Vorfreude über jede Sorge erhaben war.

Am Flughafen von Marcelo und Uta auf Deutsch begrüßt zu werden tat trotzdem unglaublich gut. Diese beiden liebevollen, treuen Menschen habe ich wie meine dritten Großeltern sehr in mein Herz geschlossen. Beeindruckt hat mich ihre jugendliche Tatkraft und ihre Begeisterung für neue Herausforderungen. Es gab für die Beiden keine Probleme, sondern nur Lösungen – egal wie. Das hat großen Eindruck auf mich gemacht.

Ich kam aber auch nach Argentinien, weil ich mit dem Begriff Mission einige Mühe hatte. Ich wollte herausfinden, was passiert, wenn diese Aufgabe mit Menschen und Erlebnissen verbunden wird. Unter der Woche war ich für die Kinderbetreuung zuständig und hielt das Gelände mit dem Hausmeister instand. Am Wochenende begleitete ich die MissionsstudentInnen in ihre Gemeinden in der Stadt.

Beim ersten Besuch der Gemeinde zweier deutscher Missionsstudentinnen sollte meine Frage zur Mission gleich auf eine sehr ungewohnte Situation treffen:
„Heute gehen wir durch das Stadtviertel und klopfen bei den Nachbarn, die nicht zu unserer Gemeinde gehören. Wir stellen uns vor, sagen woher wie kommen. Wir fragen sie, wie es ihnen geht und ob sie uns Gebetsanliegen mit auf den Weg geben möchten.“, eröffnete uns Pastor Freille.

Er wandte sich an mich und sagte: „Du kommst mit mir, damit du gleich richtig hier ankommst. Deine Landsleute gehen eine andere Strecke.“ Mir war das unangenehm und ich ging einmal zur Toilette und klagte Gott meinen Katzenjammer. Eine Antwort kam nicht. Ich war sauer. Der erste Tag und ich wurde sofort ins kalte Wasser geschmissen. Ich war unglücklich damit, wollte aber auch die Gastgeber nicht enttäuschen. Also ging ich mit dem Pastor mit, während Tobias und Sarah in die entgegengesetzte Richtung marschierten.

Wir gingen durch die Gassen während der Pastor andauernd die Passanten auf der Straße grüßte, kurzen Klönschnack hielt und wirklich beim ersten Haus auf unserem Weg klopften wir. Ich kannte das nur von Sekten, wie den Zeugen Jehovas oder hausierenden Handwerkern und jetzt war ich selbst an so einer Tür – kein gutes Gefühl. Da öffnete die Pforte auch schon und eine Hausfrau in Schürze mit leicht gehetztem Blick trat uns entgegen. Das Ganze wirkte eindeutig, als kämen wir ungelegen und zwischen ihr Mittagessen und den Hausputz.

Der Pastor stellte uns in aller Seelenruhe kurz vor und fragte, wie es ihr und den Menschen in ihrem Haus gerade ginge. Zu meiner Überraschung lächelte sie, öffnete die Tür und bat uns einzutreten. Sie erzählte von der Krankheit ihres Mannes, den Problemen der kleinen Tochter in der Schule. Es schien ihr eine Last abzufallen. Ich war gedanklich noch draußen vor der Tür, da beteten wir auch schon mit ihr und ließen ihr zum Abschluss einen Segen und Zettelchen für weitere Gebetsanliegen im Haus, die sie an der Kirche in den Briefkasten schmeißen konnte.

Mich hat diese Selbstverständlichkeit mit der das Ganze von Seiten der Gemeindemitglieder, aber auch der Nachbarn beeindruckt. Meine eigentlichen Erwartungen, dass das ein Einzelfall bleiben würde und die nächsten Türen auf unserer Route uns verschlossen blieben wurden enttäuscht. Ganz im Gegenteil, wir waren bis in den frühen Abend damit beschäftigt Gebetsanliegen aufzuschreiben, Zuzuhören, Trost zu spenden, Freude zu teilen. Die Menschen wirkten, als hätten sie lange keine solch tiefgreifenden Gespräche mehr geführt.

Teil zwei meiner Überraschung folgte, als wir in der folgenden Woche zum Gottesdienst dieser Gemeinde im Zentrum von Córdoba gingen. Drei Nachbarn, waren mit ihrer ganzen Familie in den Gottesdienst gekommen, um sich zu bedanken und kamen ab da regelmäßig in den Gottesdienst.
Robin Zabel

 

Kategorien: Transkulturelle Mission
Schlagwörter: Nachbarschaftsmission
Autor: Robin Zabel
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