Radioandachten von C.Hokema bei Bremen 2
Samstag, 4.Mai 2024
Der 23. Psalm ist ziemlich bekannt.
‚Der Herr ist ein Hirte, mir wird nichts mangeln‘ und so weiter.
Vor ein paar Tagen habe ich den Psalm in einer Version gelesen,
die prima zum Wochenende passt.
Der Herr ist mein Hirte, und heute muss ich gar nichts.
Ich setze mich auf die Wiese unten am Fluss und denke nach:
Warum bin ich so erschöpft von der Woche?
Hab ich mich jemals verlaufen, ohne dass mein Hirte es gemerkt hätte?
War es irgendwann gefährlich, und er wusste es nicht?
Ich habe genug zu essen, und zu trinken,
und Geld für den Friseur hatte ich in der vergangenen Woche auch.
Sogar für die Gesichtscreme, die gute, hat mein Geld gereicht.
Heute bin ich mir sicher: es geht mir gut.
Es fehlt mir an nichts. Und morgen wird wieder genug da sein.
Ich habe über die sozialen Medien Kontakt mit dem Verfasser* dieses Psalms aufgenommen. Das kurze schriftliche Hin und Her war genau so, wie sein Psalm: Dankbar und fröhlich! Und ich möchte meinen Samstag heute auch so verbringen.
Ich setze mich einfach mal hin. Heute muss ich gar nichts.
Und ich denke nach über die letzte Woche. Ja, sicher, erschöpft bin ich auch.
Aber ich mache das heute auch mal: Ich führe mir vor Augen, was alles gut war.
Ich freue mich über die Dinge, die im Laufe der letzten Woche gelungen sind.
Und ich bin dankbar für alles, was ich hatte. Gesichtscreme benutze ich nicht.
Aber viele andere Dinge hatte ich wie selbstverständlich.
Und zu essen und zu trinken hatte ich auch. Heute bin ich mir sicher: Es geht mir gut.
Heute ist Samstag. Also: ‚Hoch die Hände, Wochenende!‘
Und heute falte ich auch die Hände. Und ich bete.
Ich danke Gott für die Woche, die hinter mir liegt. Und: Ich bin dankbar für heute.
(*Thomas Lardon)
Freitag, 3.Mai 2024
Ich komme vom Arzt und bin echt erleichtert.
Seit ein paar Wochen hat es mich begleitet. Dieses mulmige Gefühl, dass etwas nicht stimmen könnte. Sind das nun körperliche Veränderungen, die ich da an mir wahrnehme oder nicht? Ich habe einen Termin in einer Arztpraxis gemacht. Na ja, um ehrlich zu sein, ich habe ihn nicht gemacht. Meine Frau hat für mich angerufen.
Und es ist gut, dass sie das einfach in die Hand genommen hat.
Denn jetzt bin ich erleichtert.
‚Alles ganz normal, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen!‘ hat die Ärztin gesagt.
Ich bin wirklich glücklich als ich meinen Fuß wieder vor die Arztpraxis setze.
In Gedanken spreche ich ein kurzes Stoßgebet. ‚Danke, Gott, ich freue mich!‘
Auf dem Weg nach Hause spiele ich in Gedanken auch ein anderes Ergebnis der Untersuchung durch. Was wäre gewesen, wenn? Mir wird wieder ein wenig mulmig.
Nein, es gibt keine Garantie für lebenslange Gesundheit. Es hätte auch anders kommen können. Dann hätte ich ein anderes Stoßgebet zum Himmel geschickt:
‚Bitte, Gott, hilf mir, da durchzukommen!‘.
Kurze Stoßgebete helfen mir im Alltag. Manchmal sind es auch längere Gebete, die ich mit meinen Gedanken formuliere. In manchen Situationen greife ich auch zu einem Gebetsbuch. Ich lese sie mir und Gott dann vor.
Wenn ich bete, dann wird mir bewusst, dass ich nicht allein bin auf dieser Welt.
Nicht nur meine Frau oder die Ärztin kümmern sich um mich. Gott ist auch bei mir.
In der Bibel sind viele Gebete zu finden. Vor allem in den Psalmen. Das Tolle an diesen Gebeten ist, dass sie in ganz unterschiedlichen Lebenslagen entstanden sind. Dank- und Freudengebete gibt es. Und Gebete, die vor Lebenslust und Glück nur so strotzen.
Aber es gibt auch Gebete, die voller Klagen sind. Die Tränen sind diesen Gebeten geradezu anzuhören. Und es gibt herzergreifende Bittgebete und Gebete voller Fragen.
Die Gebete der Bibel zeigen mir: In keiner Lebenslage bin ich allein.
Das gilt für heute. Und für alle Tage, die noch kommen.
Donnerstag, 2.Mai 2024
Soziale Medien können die wahre Pest sein. Normalerweise halte ich mich zurück. Aber jetzt ist es auch mit mir durchgegangen.
Auf Facebook ploppt die Nachricht eines Bekannten auf,
die mich aus dem Stand aufregt. ‚Das kann doch nicht sein, dass jemand sowas schreibt!‘
In den meisten Fällen kann ich mich, wenn ich Dinge lese, die so überhaupt nicht zu meiner Überzeugung passen, gut beherrschen. Oft antworte ich erst gar nicht. Aber diesmal habe ich schon nach wenigen Minuten stürmisch auf meine Tastatur gehauen. Ziemlich lang und auch ziemlich deutlich.
Und dann ging es los. Ein wahrer Schlagabtausch. Immer wieder. Hin und her.
Andere Leute, die offensichtlich auch online waren, haben sich mit eingemischt.
Das Ganze hat mich ziemlich aufgeregt.
Später habe ich mich dann endlich beruhigt und konnte das Thema auch abhaken.
Abends kam ich nochmal ins Nachdenken. Nicht über das Thema oder über den anderen, sondern über mich. Wie habe ich eigentlich geschrieben? Konnte der andere wirklich verstehen, was ich sagen wollte oder habe ich nur meine Meinung schonungslos ‚rausgehauen‘?
Wie schnell sich Diskussionen in den sozialen Medien hochschaukeln, das habe ich erlebt. Und wie schnell da harte oder beleidigende Worte fallen, auch. Mir selbst sind Formulierungen rausgerutscht, die ich in einem persönlichen Gespräch so wohl nie sagen würde.
‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘, das gilt auch für die sozialen Medien.Jesus hat einmal eine ganz praktische Handlungsanweisung für diese Liebesgebots gegeben: „Alles, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“
Ich will ja, dass die Leute mir freundlich und respektvoll, ehrlich und offen ihre Meinung sagen und schreiben. Und wenn ich das für mich will, dann werde auch ich das ihnen gegenüber tun.
Ich glaube, ich mache mir mal einen Aufkleber an den Rand meiner Tastatur.
Mit dem Satz ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘.
Dienstag, 30.April 2024
Aufgebrochen. Ich stehe vor meinem Auto und bin auf 180.
Ich ärgere mich und fluche innerlich vor mich hin.
Mitten in Hamburg steht mein Auto auf einem Parkplatz direkt an einer Kirche.
Gerade habe ich noch lächelnd auf ein großflächiges Plakat an der Kirche geschaut.
Es wurde aufgehängt, als die ganzen Demos gegen Rechts stattfanden.
„Die Alternative für dich: Liebe für alle.“ Ziemlich klare Botschaft: Liebe für alle.
Im Moment ist mir aber erstmal gar nicht nach Liebe.
Ich raste wütend aus. Mein Auto wurde aufgebrochen und durchwühlt.
Der Autoknacker hat außer Kleinkram nichts gefunden.
„Oah,wenn ich den erwische!“
Dann Polizei, Anzeige gegen Unbekannt, das ganze Programm eben.
Langsam beruhige ich mich wieder, fahre runter.
Als die Polizei wieder abgerückt ist, fällt mein nochmal auf den Schriftzug an der Kirchenwand. „Die Alternative für dich: Liebe für alle.“
Nee, irgendwann ist auch mal gut … Man muss doch auch mal klar sagen können, was Sache ist, oder?
Ja, klar: Sagen, was Sache ist. Die Sache ist eine Straftat.
Aber auch ein Straftäter ist ein Mensch. Jesus spricht vom Nächsten, den man lieben soll- und sogar von Feindesliebe. Dabei geht es ihm nicht um ein Gefühl.
Es geht um den Willen:
Gebt nie, gebt wirklich nie einen Menschen auf!
Das fällt mir schwer. Bei Menschen, die mir Böses wollen.
Oder bei Leuten, die sinnlos mein Auto aufbrechen und beschädigen.
Oder bei denen, die menschenverachtende Meinungen äußern.
Oder auch einfach nur bei Leuten, die mich nerven.
Meine Gefühle kann ich, wie ich es wieder mal erlebt habe, nicht gleich regulieren.
Aber meinen Willen kann ich einsetzen: Ich möchte keinen, wirklich keinen Menschen verachten. Ich möchte mich für Liebe entscheiden.
Montag, 29.April 2024 Hier geht’s zur Audioaufnahme!
Letzten Montag ist es mir wieder passiert. Schlecht gelaunt bin ich aufgestanden.
Und den ganzen Tag über bin ich nicht in Gang gekommen.
Die Schreibtischarbeit, die Gespräche und Planungen, die Sitzungen und dann noch die Predigt- und Gottesdienstvorbereitungen. Schon beim ersten Kaffee habe ich die ganze Woche wie einen Riesenberg vor mir gesehen.
Meinen freien Tag hatte ich erst für Samstag geplant.
Laut einer Studie geht es mehr als der Hälfte der arbeitenden Bevölkerung am Montagmorgen so. Viele erleben den sogenannten „Montagblues“.
Der hat tatsächlich auch etwas mit den Hormonen zu tun. Die Widerstandskräfte, die im Laufe der Woche wegen Stress und allen möglichen Aufgaben hochgefahren waren, sind am Wochenende zur Ruhe gekommen. Das Hormon Cortisol, das den Körper bei Alltagsbelastungen in Schwung hält, hat am Wochenende auch Pause gemacht. Das ist gut, damit der Mensch im Gleichgewicht bleibt.
Aber montags braucht der Körper dann erst einige Zeit, um wieder auf Touren zu kommen.
Es gibt auch jede Menge Tipps, um montags besser in die Gänge zu kommen:
Frische Luft und Bewegung noch vor dem Frühstück. Oder: Kalt duschen, sich für den Montagabend etwas Schönes vornehmen oder in der ersten Hälfte des Tages mal öfter eine kurze Pause machen.
Was mir manchmal auch hilft, ist ein Gedanke, den Jesus einmal geäußert hat:
‚Macht euch nicht so viele Sorgen! Es hilft doch nichts, wenn ihr euch werweiß wie viele Gedanken im Voraus macht. Jeder Tag hat seine eigene Sorge!‘
So mach‘ ich das heute: Kalt duschen, mich bewegen und nicht schon die ganze Woche vordenken. Vielleicht geht es mir dann am Ende so wie dem fröhlichen Menschen im Gedicht „Morgenwonne“ von Joachim Ringelnatz.
Ich bin so knallvergnügt erwacht. Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht. Es dürstet mich nach Lüften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs Betiteln mich »Euer Gnaden«.
Aus meiner tiefsten Seele zieht Mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit Nach Frühstück und nach Leben.
(Joachim Ringelnatz)
Sonntag, 28.April 2024 : Hier geht’s zur Audioaufnahme!
Sonntag. Endlich Ruhetag. Aber in dieser Woche kommt es noch besser. Auch am nächsten Mittwoch haben die meisten Menschen frei. Am 1. Mai.
Dafür hat vor über 100 Jahren die Weimarer Nationalversammlung gesorgt. Sie hat beschlossen, den 1.Mai zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Ende des 19.Jahrhunderts streikten knapp eine halbe Million Menschen in den USA für einen 8-Stunden-Tag. Weltweit sorgte das für Aufsehen.
Deshalb steht der ‚Tag der Arbeit‘ als gesetzlicher Feiertag heute in vielen Ländern im Kalender.
Demonstrationen für die Rechte der Arbeiterklasse, gegen Ausbeutung und für soziale Gerechtigkeit gehören zum 1.Mai.
Hier bei Radio Bremen gehört auch ein Rundfunkgottesdienst zum 1. Mai, den die Kirchen jedes Jahr zusammen mit dem DGB vorbereiten. Hier auf Bremen Zwei wird er am Mittwoch zu hören sein. Peter Kossen hält die Predigt. Ein Pfarrer, der sich seit Jahren gegen die gnadenlose Ausbeutung von ausländischen Arbeitskräften in der Fleischindustrie stark macht.
Der 1. Mai ist kein kirchlicher Feiertag, aber er ist biblisch. Denn die Bibel betont, dass die Arbeit nicht das ganze Leben bestimmen soll. Das dritte der 10 Gebote lautet: „Du sollst den Feiertag heiligen“. Erklärt wird das Gebot dann so: „Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Ruhetag des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun.“
Von der 6-Tage-Woche, wie die Bibel sie kennt, sind wir glücklicherweise schon weit entfernt.
Wenn es um Ruhe und um Erholung geht, dann demonstriert auch die Bibel immer für die Rechte anderer. So geht es in den 10 Geboten weiter:
Du sollst keine Arbeit tun, „auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, (…) und auch nicht der Fremde, der in deiner Stadt lebt.“ Also: Am Sonntag soll man laut Bibel nicht nur an sich denken. Solidarität ist angesagt.
Ich denke heute und am 1. Mai aber auch an diejenigen, die nicht frei haben. Viele arbeiten in Krankenhäusern, in Heimen oder in gesellschaftlichen Institutionen. Danke dafür!
Ich hoffe, dass auch sie bald wieder ausruhen können. Dass sich das dann ein bisschen nach Sonntag anfühlt. Gott will – und auch das ist in der Bibel zu lesen – dass es allen Menschen gut geht und niemand ausgebeutet wird an Leib und Seele. Niemand!