12. Mai 2020 | erlebt

Coronavirus-Pandemie und theologische Herausforderungen

An dieser Stelle wird ein  Artikel von Hans Guderian veröffentlicht, der viele Aspekte einer Diskussion aufnimmt, die zur Zeit in machen christlichen Kreisen geführt wird.  Besonders dankbar nehme ich auch die theologischen Schlussfolgerungen zur Kenntnis.  Herzlichen Dank an Hans Guderian für die freundliche Genehmigung zum Veröffentlichen. C.Hokema, Pastor

Situation und dynamische Entwicklungen
Eine weltweite Pandemie – Seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 verbunden mit der dadurch ausgelösten Krankheit Covid-19 Ende 2019 in Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei ist die ganze Welt von diesem lebensbedrohlichen Erreger betroffen. In Deutschland scheint zwar die Ausbreitung dieses Virus gegenwärtig unter Kontrolle zu sein; dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Denn in manchen unserer Nachbarländer (Frankreich, Italien und Spanien), in den USA sowie in Zukunft wohl auch in Afrika haben wir es nach wie vor mit rasant ansteigenden Infektionszahlen und Sterbefallraten zu tun. Anfang Mai 2020 waren weltweit etwa 3,2 Millionen Personen infiziert und ungefähr 240.000 Menschen am neuartigen Coronavirus gestorben.

Ausbruchsherde – Die Weitergabe des Krankheitserregers geschieht vor allem durch „Tröpfcheninfektion“ von Mensch zu Mensch. So weit wir wissen, ist dies im Anfang (etwa Mitte Februar 2020) besonders bei bestimmten Großveranstaltungen geschehen, nämlich – einerseits im Zusammenhang mit feucht-fröhlichen Karnevalsfeiern sowie – andererseits bei gottesdienstlichen Massenversammlungen (etwa bei Zusammenkünften der Endzeit-Sekte „Shinchonji“ in Südkorea sowie bei einer evangelikal-charismatischen Konferenz in Mühlhausen im Elsass).

Enorme Belastungen – Das neuartige Coronavirus und dessen Ausbreitung sind deshalb so gefährlich, weil die Ansteckungsgefahr sehr hoch ist, da ein Infizierter das Virus schon über Tage ausscheiden kann, bevor an ihm überhaupt erste Symptome wahrzunehmen sind. Darüber hinaus ist ohne umfassende Schutzmaßnahmen damit zu rechnen, dass es sehr rasch erneut zu exponentiellen Steigerungsraten sowohl im Hinblick auf Ansteckungen als auch bezüglich der Zahl der Sterbefälle kommen kann. Zudem gibt es bisher weder ein Heilmittel noch einen Impfstoff.

Ethische Herausforderungen und Konflikte – Die Gefahr besteht, dass es zu schweren Überbelastungen und Schäden sowohl für unser Gesundheitssystem als auch für unser soziales Miteinander und für unsere Wirtschaft kommen kann. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen und kann es zu sehr ernsthaften ethischen Konflikten kommen, etwa – im Hinblick auf die zu treffende Güterabwägung zwischen dem Schutz der Gesundheit und des Lebens einerseits und der Fürsorge für das soziale Miteinander in Familie, Kirche und Gesellschaft andererseits oder auch in Bezug auf die im äußersten Fall („worst case scenario“) zu treffende Auswahl zwischen Patienten, denen je nach deren Gesundheitszustand und Alter sowie nach der Schwere der Erkrankung noch eine medizinische Therapie gewährt oder stattdessen verwehrt werden muss (Einführung der so genannten „Triage“ im Krankenhauswesen).

Allgemeine biblische Bezüge
Angesichts der beängstigenden weltweiten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ergeben sich aber nicht nur medizinische Herausforderungen, sondern es stellen sich auch theologische Fragen. Warum lässt Gott es zu, dass Menschen in so großer Zahl leiden und sterben müssen? In welcher Weise werden in den biblischen Schriften Krankheiten und Seuchen beschrieben und gedeutet? Wie gehen wir als Christen mit der Bedrohung durch dieses Virus um? Wie verhalten wir uns im Hinblick auf die in unsere Familien sowie in das Leben von Kirche und Gesellschaft eingreifenden Schutzmassnahmen und Restriktionen?

Seuchen und Plagen als Strafe Gottes – Krieg, Hunger und Pest können in einzelnen biblischen Erzählungen durchaus als Strafen Gottes für besonders sündiges Verhalten von Menschen verstanden werden. Am bekanntesten ist in diesem Zusammenhang sicher der Bericht über die so genannten zehn „ägyptischen Plagen“ (2. Mose 7-11). Tatsächlich wird in solchen Erzählungen auf der Basis eines „Tat-Ergehen-Zusammenhangs“ bzw. eines „Sünde- Unheil-Zusammenhangs“ das Bild von einem Angst machenden und parteiischen die Feinde Israels strafenden Gott gezeichnet. Jedoch wird dieses Bild des strafenden Gottes, der die „Schuld der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Geschlecht“ bereits in der alttestamentlichen Verkündigung überboten durch die Segensverheißung, dass dieser Gott „aber Barmherzigkeit erweist bis ins tausendste Geschlecht“ an denen, die ihn lieben und seine Gebote halten (2. Mose 20, 5-6).

Hiob als Beispiel für das Ertragen unerklärbaren Leids
Ganz anders dagegen liest sich der Bericht über das unermessliche Leid, das dem keineswegs sündhaft lebenden sondern durchaus gottesfürchtigen Hiob zugemutet wird. Gott erscheint hier nicht als der strafende Herr, sondern als der seinen Knecht Hiob prüfende Herrscher (als „deus absconditus“). Gott lässt das Leid zu und Hiob akzeptiert dieses für ihn unerklärbar bleibende Handeln seines Gottes: „Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ (Hiob 2, 10). Vorbildlich ist dieses Verständnis und Verhalten des Hiob, aber es gibt keine Antwort auf die dieser Hiobsgeschichte zugrundeliegende grundsätzliche Frage nach der Gerechtigkeit Gottes („Theodizeefrage“): Wie kann ein zugleich liebender und allmächtiger Gott so viel Leid im Leben eines Einzelnen und darüber hinaus weltweit zulassen?


Der Messias als leidender Gottesknecht

Die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes wird in der Bibel hier und auch sonst nicht beantwortet, wohl aber an einer Stelle in ein ganz neues Licht gestellt. Durch die prophetische Verkündigung Deuterojesajas in Jesaja 40-55 wird die Frage nach dem Leid zugespitzt auf die Frage nach dem Leid Gottes, genauer gesagt nach dem Leid, dass der Messias Gottes, in der Gestalt des „leidenden Gottesknechts“ stellvertretend für uns auf sich nimmt und trägt: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jesaja 53, 4-5). So ist Gott das Leid nicht fremd, sondern er leidet mit uns.

Christologische Orientierung
Sowohl im „Christushymnus“, einem der ältesten Bekenntnisse der frühen Christenheit, als auch in den zentralen Texten des Römerbriefs wird dieses Bild vom leidenden Gottesknecht aufgegriffen und auf Jesus, auf seinen Leidensweg und auf sein Sterben und seine Auferstehung bezogen:
„Er (Jesus Christus“) erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ (Philipper 2, 5); „(Unser Herr Jesus) ist um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt.“ (Römer 4, 25).

Jesus ist die Mitte der Schrift – Niemand sonst hat in seiner Theologie so klar und eindeutig von Jesus Christus als der Mitte der Schrift gesprochen wie Karl Barth. Er ist ja das zentrale, das „offenbarte Wort Gottes“ in Hervorhebung gegenüber dem verkündigten Wort Gottes (der Predigt) und dem geschriebenen Wort Gottes (der Bibel). Noch genauer: Jesus ist die Mitte der Schrift in seiner Person und in seinem Werk (Karl Barth: Dogmatik I/1, S. 114ff.). Auf ihn hin sind deshalb alle biblischen Texte zu beziehen und von ihm her auszudeuten. In seiner Person und in seinem Werk findet unser Glaube Halt und Orientierung.

Kreuz und Auferstehung Jesu Christi – Am klarsten erkennbar aber wird diese menschenfreundliche Offenbarung Gottes im Kreuz und in der Auferstehung Jesu Christi. So hat dies Paulus in vielen seiner Schriften, vor allem aber im Römerbrief, beschrieben: „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken … Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt … Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8, 31-39). So dürfen wir „inmitten dieses Schreckens den Blick immer wieder trotzig auf das Kreuz und die Auferstehung Jesu … richten, unverdrossen vom verborgenen zum offenbaren Gott … flüchten“ (Ralf Frisch: Gott, das Virus und wir, 2020, www.zeitzeichen.net). Und so dürfen wir einstimmen in die tröstenden Worte Paul Gerhardts: Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir; wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür; wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein.

Gottes Macht über das Böse – In dieser christologischen Orientierung hat unser Glaube einen festen Halt, ist unser Leben von Gott getragen und eben nicht hin und her gerissen in einem Kampf zwischen Gut uns Böse. Wir dürfen deshalb „Gottes Macht über das Böse ernster nehmen als die Theodizeefrage und … (den) Ausnahmezustand“ (Ralf Frisch: a.a.O.) verursacht durch eine beängstigenden globalen Choronavirus. Über alles menschliche Verstehen und Erkennen hinaus dürfen wir damit rechnen, dass Gottes Macht alles Böse und eben auch alle Krankheiten und Seuchen übersteigt, so wie dies in eschatologischer Perspektive zeichenhaft den Jüngern Jesu verheißen ist: „Und er (Jesus) rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen.“ (Matthäus 10,1).

Gefährliche Irrlehren
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich nun aus diesen allgemeinen und insbesondere aus diesen biblisch-theologischen Überlegungen? Bevor wir zur Beantwortung dieser Frage kommen, müssen wir allerdings zunächst einmal klären, welche Schlussfolgerungen sich daraus gerade nicht ergeben, welche Verhaltensweisen und falschen Lehren („Irrlehren“) wir von diesem biblisch-theologischen Resümee her ablehnen und verwerfen müssen.

Fundamentalismus und Autoritätsgläubigkeit – In Römer 8,15 spricht Paulus davon, dass wir als Christen „nicht einen knechtischen Geist empfangen haben“, so dass wir uns erneut fürchten müssten. Ein unmündiges Denken aber scheint gegenwärtig von manchen Christen Besitz zu ergreifen, gekennzeichnet durch eine angstgesteuerte Beziehung zu Gott, ein enges fundamentalistisches Verständnis von Bibeltexten, eine geradezu manichäistische Sichtweise eines Kampfes zwischen den mehr oder weniger vergleichbaren Mächten von Gut und Böse und eine verhängnisvolle Autoritätsabhängigkeit bei Christen, die nicht gelernt haben alle menschliche Autoritäten kritisch zu hinterfragen. „Sie stellen ihren Glauben über die Vernunft der Mehrheit, ja sogar über die Staatsgewalt“ (Livia Gerster: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.4.2020). Sie lehnen staatliche Richtlinien zur Corona-Epidemie ab und halten sich bzw. ihre geistlichen Anführer für mehr oder weniger „unfehlbar“.

„Health and Wealth Gospel“ – Besonders im angelsächsisch geprägten evangelikalen Bereich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Theologie eines „health and wealth gospels“ ausgebreitet, die in einseitiger Weise Gesundheit, Glück und Wohlstand („pursuit of happiness“) denen verspricht, die nur recht glauben. Ein derartiges „Wohlstandsevangelium“ erkennt in Gesundheit, Geldvermögen und geschäftlichem wie persönlichem Erfolg sichtbare Erweise der Gunst Gottes und muss deshalb Leid, Schwäche und Krankheiten verdrängen oder auch als Strafen für eigenes sündhaftes Verhalten bewerten. In den USA, in Brasilien, in Afrika, aber auch bei uns, rufen deshalb irregeleitete Prediger ihre Anhänger zu leichtsinnigem Verhalten und teilweise sogar zu Ungehorsam gegenüber staatlichen Einschränkungen und Restriktionen infolge der Bekämpfung des Coronavirus auf.

Ablehnung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse – Dazu gesellt sich seit langer Zeit schon eine in manchen frommen Kreisen gepflegte Ablehnung neuerer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, die dem eigenen Glauben eventuell gefährlich werden könnten. Zur Abwehr werden demgegenüber dogmatische Positionen aufgebaut, die jedoch zumeist aus wissenschaftlicher Sicht unhaltbar sind: ein „kreationistisches“ buchstäbliches Verständnis der biblischen Schöpfungsberichte im Gegensatz zu evolutionstheoretischen Erkenntnissen, eine rüde mit biblischen Texten wie etwa mit Sprüche 13, 24 begründete Erziehungspraxis („Wer sein Kind liebt, der züchtigt es“) im Gegensatz zu liberalen pädagogischen Ansätzen, eine Offenheit für den Einsatz von Waffengewalt und für den Vollzug der Todesstrafe im Gegensatz zur Entfaltung einer Friedensethik auch im politischen Bereich und zu humanen Formen des Strafvollzugs, ein althergebrachtes patriarchalisches Denken und Handeln im Gegensatz zu modernen Emanzipationsbewegungen zugunsten von Frauen und Minderheiten.


Positive Schlussfolgerungen
Geduld und Hoffnung – Wir leben in Zeiten großer Unsicherheit. Niemand, kein Politiker, kein Naturwissenschaftler und auch kein Geistlicher, kann uns sicher sagen, wie lange die Gefährdung durch das neuartige Coronavirus noch anhalten wird, wie viele Opfer diese Pandemie noch fordern wird und ob wir persönlich davon betroffen sein werden. Deshalb ist es verständlich aber nicht hilfreich, wenn viele Menschen, auch manche Christen, von großer Unruhe erfasst sind und dränglerisch fordern, dass wir doch so bald wie möglich zum „status quo ante“ zurückkehren sollten. Paulus schreibt: „Wir sind … gerettet, doch auf Hoffnung … Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.“ (Römer 8, 24-25).
Als Christen können wir Geduld haben, denn wir haben eine geschenkte Hoffnung und einen geschenkten Glauben. Christen können deshalb darum beten, dass Gott sie in ihrer Geduld stärkt, im Aushalten großer Unsicherheit, im Aufbau einer christlich begründeten Ambiguitätstoleranz.

Mut zu klaren theologischen Positionen
In Kirche und Theologie scheint es gegenwärtig eine relativ große Sprachlosigkeit und Zurückhaltung im Hinblick auf klare und mutige Stellungnahmen und Positionen zu geben. Dies ist sicher einerseits geboten und klug, da wir ja noch am Anfang der Pandemie stehen, die vielen tiefgreifenden Konsequenzen noch gar nicht alle haben erkennen und verarbeiten können und deshalb sicher den „Mund nicht zu voll“ nehmen sollten. Andererseits ist dies wohl auch in mancher Hinsicht ein zögerlicher, vielleicht sogar ein etwas feiger Verzicht, sich auf den öffentlichen Diskurs einzulassen und dabei fehlerhafte bzw. unzulängliche Deutungen zu riskieren. Zum christlichen Zeugnis gehört doch aber auch der „Glaubensmut“, die „Redefreiheit“ (παρρησία), die etwas wagt und riskiert (vgl. Apostelgeschichte 4, 29: „Und nun, Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten, mit allem Freimut zu reden dein Wort.“).

Liebe und Mitleiden – In der verworrenen und verwirrenden Situation, in der wir uns heute befinden, ist aber eines ganz klar: unser Platz als Christen ist vor allem anderen – also auch vor der Sorge um unsere eigenen Belange, unsere eigenen kirchlichen Strukturen, Gottesdienste, Finanzen usw. – in Liebe und Fürsorge und Mitleiden uns an die Seite unserer alten, kranken und gefährdeten Mitmenschen zu stellen. Vielleicht bedeutet dies dann heute sogar, dass wir als Christen und Kirchen auf manche Rechte zugunsten unserer Fürsorgepflicht gegenüber den Schwachen, Kranken und Einsamen verzichten sollten. Wenn dieses Virus eine besondere Herausforderung gerade für uns Christen ist, dann ist dies eine Herausforderung zur diakonischen Verantwortung im Hinblick auf den Schutz der uns anvertrauten Menschen. Das Mitleiden allerdings umfasst dabei nicht nur die in der christlichen Liebe begründete Solidarität mit den Leiden unserer Mitmenschen, sondern auch das im christlichen Glauben begründete Mitleiden mit Christus selbst: „Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde.“ (2. Korinther 4, 10).

Eine Zeit zum Innehalten – Diese Zeit wird von vielen Menschen als eine große Belastung erfahren. Vielleicht könnte sie aber auch wegen der mit diesem neuartigen Coronavirus verbundenen Verlangsamung des Lebens zu einer Zeit des Nachdenkens und der Besinnung über unsere Werte und über unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt werden. Und vielleicht könnten wir dabei neu erfahren, dass Gesundheit eben nicht das Wichtigste ist im Leben, sondern „Frieden“ im tiefsten Sinne des Wortes, Frieden mit Gott, Frieden mit unseren Mitmenschen und Frieden mit der Schöpfung. Ich will schließen mit einem Gedanken aus einer Korrespondenz mit einem jungen Theologen aus Potsdam. Er schreibt unter Bezug auf Kohelet 3,1-4: „Diese Zeit fühlt sich für mich nicht an wie eine Zeit des Aktionismus und des unbedingten Willens, dass alles normal weitergehen muss. Es fühlt sich eher an wie eine Zeit der Stille, eine Zeit des Klagens, des Mitleidens, des Verlierens und des Suchens … (Das) müssen wir Christen und auch die Gemeinden jetzt einmal aushalten können, wie es auch gilt den Karsamstag auszuhalten, bevor der Ostermorgen anbrechen kann.“ (Josef Hölzel).

Hans Guderian