„That’s how the light gets in!“ Bericht ‚Schönen guten Abend‘.
Es hätte eigentlich der vierte ‚Schönen guten Abend‘ in der Christuskirche sein sollen. Doch dann kam ja alles erstens anders und zweitens als gedacht. Nachdem am 1.Februar 2020 Werner Hucks den Auftakt beim neuen Format der Christuskirche gemacht hatte, kam es nun endlich am 28.Oktober zum zweiten ‚Schönen guten Abend‘ in der Christuskirche.
Zu Gast waren der Publizist und Theologe Uwe Birnstein aus München und die Singerin, Songwriterin und Cellistin Rabea Bollmann aus Hannover.
Vorweg: Der Abend begeisterte und berührte viele BesucherInnen vor Ort und per Livestream vor den Bildschirmen.
Die Christuskirche war mit etwa 40 geladenen Gästen (mehr passen laut Schutz- und Hygienekonzept leider nicht in die Kirche) voll besetzt. Etwa ebenso viele Endgeräte in privaten Räumen waren zugeschaltet. Nach einer kurzen Begrüßung durch Carsten Hokema, den Pastor der Christuskirche, setzten Birnstein und Bollmann gleich mit ihrem ersten vorgetragenen aus der Feder von Leonhard Cohen stammenden Lied die Atmosphäre des Abends. Als die Melodie und der Text von ‚Suzanne‘ die Christuskirche erfüllte wurde es von einer Minute auf die andere konzentriert und andächtig im großen Raum und vor den Bildschirmen.
Der ganze weitere Abend sollte sich zwischen diesen beiden Polen bewegen: Uwe Birnstein verstand es in zeitgemäßer, offener und zugleich immer Mut machender Weise, den BesucherInnen die Inhalte der Lieder Cohens durch seine erläuternden Worte nahe zu bringen und dadurch zum Nachdenken über das eigene Leben und auch über die eigenen religiösen Prägungen nachzudenken.
Der Wechsel von Musik und Erzählungen mit den hinzugefügten erhellenden und Verständnis für die cohenschen Musik weckenden Erläuterungen sorgte im Laufe der 90 Minuten bei allen BesucherInnen für hohe Aufmerksamkeit. Ja, man hätte sie nicht nur einmal im Laufe des Abends fallen hören können, die berühmte Stecknadel. Das musikalische Können der Musiker begeisterte.
Die neun Stücke, die sie vortrugen hielten in guter Weise die Balance zwischen Sachlichkeit und Emotionen. Man kann die Welthits von Leonhard Cohen so vortragen, dass hauptsächlich die Gefühle angesprochen werden. Dieser Versuchung unterlagen die Musiker nicht. Ja, sie spielten gefühlvoll Cello und Gitarre und sangen auch ebenso. Jedoch waren sie auch stets darauf bedacht, exakt und klar zu spielen. Besonders begeisterte dabei Rabea Bollmann. Ihr Cellospiel und ihr Gesang sorgten für wahre Begeisterungsstürme.
Mit ihr war eine wirklich beeindruckende Künstlerin in der Christuskirche zu Gast. Ebenso beeindruckte auch Uwe Binstein. An Gitarre und Mikrofon erinnerte er streckenweise durch seine unaufgeregte Art und seinen musikalischen Ausdruck tatsächlich an den 2016 verstorbenen Cohen.
Zu Höchstform lief Uwe Birnstein dann spätestens im spontanen Gespräch auf dem ‚Schönen guten Abend-Sofa‘ auf. Die Erklärungen zu Cohen’s Liedern, die verbindenden und verbindlichen Worte, die er fand, um die BesucherInnen in das Leben, die Gedankenwelt und das Fühlen von Leonhard Cohen einzuführen, sorgten im Laufe des Abends ebenso für andächtige Momente wie die auch von ihm allein oder gemeinsam mit Rabea Bollmann vorgetragenen Lieder.
‚Andächtig‘ war der Abend jedoch nicht in einem womöglich durch kirchliche Gedankenkonstrukte geprägtes Verständnis. In aller Klarheit und Sachlichkeit sprach Uwe Birnstein über das Leben Leonhard Cohens. Dabei verstand er es, mögliche Bezüge für das Leben der HörerInnen so anzusprechen und auch anzubieten, dass man sich weder bedrängt noch belehrt fühlte.
Seine inhaltlichen Ausflüge in die Kirchen- und Theologiegeschichte sowie in Themen des interreligiösen Dialogs gaben dem Abend eine weitere inhaltliche Tiefe, die von vielen BesucherInnen dankbar aufgenommen wurde.
Während der Sofa-Gespräche kamen im Laufe des Abends immer wieder die Themen ‚Gebrochensein‘ und ‚Lebensbrüche‘ auf. Das lag vor allem auch an den vorgetragenen Liedern, in deren Texten Cohen diese Vokabeln nicht selten an prominenten Stellen einsetzte. Mit klaren und zugleich feinfühligen Anmerkungen sorgte Uwe Birnstein dabei u.a. auch mit biblischen Bezügen und mit Zitaten von Martin Luther für theologische Deutungen, die manchen BesucherInnen einen Hilfe im Umgang mit eigenen offenen Lebenssituationen anbot.
Viele BesucherInnen und ZuschauerInnen äußerten nach der Veranstaltung Zustimmung zur abschließenden Moderation, in der gesagt wurde, dass dieser Abend in der unmittelbaren zeitlichen Nähe vor dem ab 1.November beginnenden ‚Teil-Lockdown‘ wie ein ‚Spalt am dunklen Himmel‘ empfunden wurde.
Denn auch das Lied ‚Anthem‘ wurde bei ‚Schönen guten Abend‘ vorgetragen. In einer Zeile des Liedes heisst es: „There is a crack, a crack in everything. That’s how the light gets in.”