Dem täuferischen Erbe verbunden und verpflichtet! Ein Wort des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden zu 500 Jahre Täuferbewegung

„Als Baptistinnen und Baptisten wissen wir uns dem täuferischen Erbe verbunden und verpflichtet“, betonen BEFG-Präsidentin Natalie Georgi und BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba im aktuellen Wort des Präsidiums. Die Täuferbewegung, die als dritter Hauptstrom der Reformation gilt, stand von Anfang an für die Freiheit des Glaubens und die Ablehnung von Gewalt. Angesichts politischer Krisen und gesellschaftlicher Polarisierung rufen sie dazu auf, sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Religionsfreiheit einzusetzen. „Unsere täuferische Tradition erinnert uns daran, in den verschiedenen Lebensbereichen gewaltfrei zu wirken und eine respektvolle Diskussions- und Konfliktkultur zu pflegen.“ Gerade vor dem Hintergrund der gewaltvollen Geschichte täuferischer und nicht-täuferischer Kirchen äußern sich beide dankbar „für das gewachsene ökumenische Miteinander, das an vielen Orten in den letzten Jahrzehnten entstanden ist“, sowie für die vielfältigen, auch ökumenischen Aktivitäten zum Täufergedenken 2025. Sie ermutigen, konfessionelle Unterschiede als bereichernde Vielfalt wertzuschätzen und sie als Bezeugung des einen Evangeliums von Jesus Christus zu verstehen.
Der Täufer Dirk Willems rettet seinen Verfolger. In der Folge kann er selbst nicht mehr fliehen und wird verbrannt. Bild von Jan Luyken (1685)
Im Wortlaut
Gedenken an 500 Jahre Täuferbewegung 1525 – 2025
Wort des Präsidiums im September 2025
In diesem Jahr erinnern wir uns gemeinsam mit vielen Christinnen und Christen an 500 Jahre Täuferbewegung, deren Beginn traditionell mit der ersten täuferischen Glaubenstaufe, die Ende Januar 1525 in Zürich stattfand, verbunden wird. Als Baptistinnen und Baptisten wissen wir uns dem täuferischen Erbe verbunden und verpflichtet: den Grundsätzen der Religionsfreiheit, der Glaubenstaufe, der freiwilligen und verbindlichen Gemeindemitgliedschaft in der Nachfolge Christi und der Trennung von Kirche und Staat.
Die frühen Täuferinnen und Täufer wollten als mündige Menschen gemeinsam ein an biblischen Maßstäben ausgerichtetes Leben führen. Aus dem Studium der Bibel gewannen sie die Erkenntnis, dass die Taufe dem persönlich bezeugten Glauben eines Menschen folgt. Sie lehrten als dritter Hauptstrom der Reformation, dass der Glaube ein freies Geschenk Gottes ist, das kein Mensch erzwingen kann. Ihr Ideal war die Glaubens- und Religionsfreiheit, die sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle anderen Menschen forderten, sowie ihr Einsatz für die konsequente Trennung von Kirche und Staat und für Frieden und Gewaltlosigkeit.
Als Baptistinnen und Baptisten stehen wir in der Tradition der Täuferbewegung und sind von ihrem Glaubenszeugnis geprägt. Die Ursprünge der ersten Baptistengemeinden waren eng mit mennonitischen Gemeinden verflochten. Die frühen Täuferinnen und Täufer erlitten aufgrund ihrer Überzeugungen Ausgrenzung, Vertreibung und Verfolgung bis hin zu Hinrichtung und Folter. Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren täuferische Kirchen und ihre Mitglieder mit Diffamierungen und Repressionen konfrontiert. Wir gedenken der Tausenden von Märtyrern und Märtyrerinnen.
Einzelne Täufer verfolgten leider radikal und gewaltsam ihre Ziele. Die dauerhafte Verfolgung verstärkte in täuferischen Gemeinschaften die Absonderung von der Gesellschaft. Wir wollen uns als BEFG weiterhin selbstkritisch damit auseinandersetzen, wo wir in Vergangenheit und Gegenwart über den Glauben und die Frömmigkeit unserer nicht-täuferischen Geschwister geurteilt haben und urteilen. Wir blicken auf diese 500-jährige Geschichte zurück, in der es viel Leid, Ausgrenzung, gegenseitige Polemik und konfessionelle Konflikte gab.
Umso dankbarer sind wir für das gewachsene ökumenische Miteinander, das an vielen Orten in den letzten Jahrzehnten entstanden ist. Ökumenische Versöhnungsprozesse (Healing of Memories) führten dazu, dass die Geschichte zwischen täuferischen und nicht-täuferischen Kirchen aufgearbeitet wurde und wechselseitiges Verständnis gewachsen ist. Von dieser Annäherung – insbesondere in Bezug auf die Taufe – zeugt auch der Abschlussbericht der Lehrgespräche zwischen dem BEFG und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD): „Kirchengemeinschaft auf dem Weg“.
Wir sind dankbar für die vielfältigen Aktivitäten zum Täufergedenken 2025 in den Bundesgemeinden, in anderen freikirchlichen Gemeinden, insbesondere der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden, und in der Ökumene. Besonders hervorzuheben ist die Unterstützung und Begleitung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Grundlage dafür ist insbesondere die fünfjährige Aktion „gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung“, die nicht nur zurückblickt, sondern überlegt, welche bleibenden Impulse und Inspiration die täuferische Bewegung für die Gegenwart und Zukunft bietet.
Unsere täuferische Tradition erinnert uns daran, in den verschiedenen Lebensbereichen gewaltfrei zu wirken und eine respektvolle Diskussions- und Konfliktkultur zu pflegen. Gerade angesichts politischer Krisen und Konflikte wollen wir uns für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Denn: „Ungerechtigkeit an irgendeinem Ort bedroht die Gerechtigkeit an jedem anderen“, so der Menschenrechtler und Baptistenpastor Martin Luther King jr., der sich gewaltlos gegen den Rassismus in den USA gestellt hat. Gewalt hat vielen Facetten. Unsere Gemeinden sollen gewaltfreie und sichere Räume sein. Daher wollen wir jeglicher Form von Gewalt – so auch sexualisierter Gewalt – entschieden entgegentreten.
Der Grundsatz der Religions- und Glaubensfreiheit ist heute im Grundgesetz verankert und gemeinsame Überzeugung von Christinnen und Christen aller Konfessionen (Charta Oecumenica, Art. 12). Angesichts der kulturkämpferischen Polarisierungen unserer Gesellschaft gilt es auch weiterhin für Gefährdungen der Religionsfreiheit wachsam zu sein. In der Gegenwart lernen wir, konfessionelle Unterschiede als eine bereichernde Vielfalt wertzuschätzen und sie als Bezeugung des einen Evangeliums von Jesus Christus zu verstehen. So ermutigen wir die Bundesgemeinden, des 500-jährigen Erbes der Täuferbewegung ökumenisch zu gedenken. Als Teil der ganzen Christenheit suchen wir die Gemeinschaft und Zusammenarbeit mit den anderen christlichen Kirchen, den Dialog mit dem Judentum und das Gespräch mit anderen Religionen (Leitbild des BEFG, Leitsatz 11).
„Zur Freiheit hat uns Christus befreit“, heißt es im Galaterbrief 5,1. Deswegen wollen wir aufstehen, wo Menschen unterdrückt werden, wo sie ausgegrenzt und verurteilt werden. Denn Gottes Geist führt in die Weite und schafft Räume für alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit. Möge das 500-jährige Erbe der Täuferbewegung uns immer wieder daran erinnern, das Evangelium in den Herausforderungen der Gegenwart zu verkündigen und in Freiheit zu gestalten.
Natalie Georgi Christoph Stiba
Präsidentin Generalsekretär