31. Januar 2020 | erlebt

Die Predigt von John Kwasi Fosu zum Nachlesen

Predigt gehalten am 26.Januar 2020 in der Christuskirche

Einführung

Ich denke, es gibt keine Zeit in der Geschichte der Kirche, in der das Evangelium so viele Neuinterpretationen und verschiedene Schwerpunkte erlebt hat als wie in dieser Ära. Das Wort Gospel wird in verschiedenen Kontexten interpretiert und verwendet. Zum Beispiel für diejenigen, die Angst vor der Hexerei in Afrika haben, ist die Botschaft der Befreiung ihr Evangelium. Für andere, die Opfer des Kastensystems in Indien sind, könnte die Botschaft der Befreiung ihr Evangelium sein. Für andere, die Menschenrechtsaktivisten sind, könnte eine Politik, die das Recht der Menschheit schützt, wie das Recht der Schwulen, das Recht der Lesben und das Kinderrecht, auch eine Form des Evangeliums sein. In irgendeinem Leben in Armut, das eine Botschaft der Hoffnung braucht, wird eine Wohlstandsnachricht oder das sogenannte „Prosperität Gospel“ eine Art Evangelium sein. Für einige andere ist die Politik, die das Recht der Tiere schützt, auch eine Art Evangelium. Die Liste geht weiter und weiter. Und je nach dem Verständnis des Evangeliums könnte man in der theologischen Diskussion als konservativ, liberal und fundamental oder orthodox bezeichnet werden. Aber was bedeutet das Evangelium eigentlich aus paulinischer Perspektive, vor allem, wenn wir den Römerbrief lesen?

 

Erläuterung der Passage

In Römer 1: 16-17: Paulus kündigt das Thema des Briefes an: Das Evangelium Christi offenbart die Gerechtigkeit Gottes – die Gerechtigkeit, die auf dem Glauben beruht und die nicht auf den Werken basiert. Diese Gerechtigkeit steht zur Verfügung für alle Juden und Heiden.  Das Wort „Gerechtigkeit“ wird in der einen oder anderen Weise über sechzigmal in diesem Römer Brief (gerecht, gerecht und gerechtfertigt) verwendet.

 

Ach so, Was bedeutet das Evangelium? In einfachen Worten bedeutet Evangelium die gute Nachricht. Es ist die Botschaft, dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, begraben wurde und auferstand, und jetzt ist es möglich, alle zu retten, die auf Christus vertrauen (1 Kor.15, 1-4). Es ist das Evangelium Gottes (Röm 1,1), weil es von Gott aus geht und die Menschen es nicht erfinden. Aus der Perspektive der paulinischen Theologie wird Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbart; denn im Tode Christi offenbarte Gott seine Gerechtigkeit, indem er die Sünde bestrafte; und in der Auferstehung Christi offenbarte er seine Gerechtigkeit, indem er dem gläubigen Sünder die Rettung zur Verfügung stellte. Die Frage: Wie kann ein heiliger Gott den Sündern jemals vergeben und noch heilig sein? – ist im Evangelium beantwortet worden. Durch den Tod und die Auferstehung Christi wird Gott sowohl gerecht als auch gerechtfertigt (Röm 3,26).

 

Warum sagt Paulus, er schämt sich überhaupt nicht des Evangeliums? Auf der einen Seite könnte es sein, dass Paulus an einem vernünftigen Minderwertigkeitskomplex leidet, als er seine Reise nach Rom betrachtet. Im Gegensatz zu anderen seiner Briefe, wo seine Kritiker seine Autorität in Frage gestellt hatten, ist es nicht so in diesem Brief. Eine Geschichte über das Tierreich wird erzählt. Alle Tiere trafen sich und sie erwägten, dass das hässlichste Tier ein großes Fass voller Wasser tragen müsste. Dann stand plötzlich der Affe auf und fing an zu schreien, „ ich kann es nicht tragen o ..“ Der Löwe, der der König war, sagte:  Affe, aber wer hat dir gesagt,  du musst das Fass tragen? Ich denke, der Charakter des Affen ist das Beispiel dessen, was ein Minderwertigkeitskomplex manchmal tun kann. Im Brief an die Römer könnte Paulus so verstanden werden, dass er einen Brief an eine Kirche zu schreibt, die er noch nicht gepflanzt oder besucht hat. Dennoch schreibt Paulus, dass er sich nicht des Evangeliums schämt. Warum überhaupt sollte Paulus sich für das Evangelium schämen?

Zuerst wurde das Evangelium mit einem armen jüdischen Schreiner identifiziert, der gekreuzigt wurde. Die Römer hatten keine besondere Wertschätzung für die Juden und die Kreuzigung. Warum glaubst du an einen Juden könnten sie vielleicht fragen?

 

Zweitens war Rom eine stolze Stadt, und das Evangelium kam aus Jerusalem, der Hauptstadt einer der kleinen Nationen, die Rom erobert hatte. Die Christen damals waren nicht unter der Elite der Gesellschaft; sie waren einfache Leute und sogar Sklaven. Rom hatte viele große Philosophen und Philosophien hervorgebracht; Warum achtet man auf eine Geschichte über einen Juden? (1 Kor 1, 18-25). Dass ein kleiner jüdischer Zeltmacher daran denkt, nach Rom zu gehen, um eine solche Botschaft zu predigen, ist fast humorvoll.

 

Auf der anderen Seite und Positiv gesagt, schämte sich Paulus nicht für das Evangelium. Deshalb war er zuversichtlich in seiner Botschaft. Er gibt uns mehrere Gründe, warum er sich nicht schämte. Erstens schämte sich Paulus des Evangeliums nicht  wegen seines Ursprungs. Es ist das Evangelium Christi (V. 16a und 1.1). Die Botschaft des Evangeliums ist von und über den Sohn Gottes! In seinem Eröffnungssatz nannte Paulus diese Botschaft das Evangelium Gottes (Röm 1,1). Wie konnte sich Paulus einer solchen Botschaft schämen, die von Gott kam und in Seinem Sohn, Jesus Christus, zentriert war? Ich habe einmal in einem Dorf gelebt, wo der Gong-Mann (das ist der öffentliche Ansprecher der Botschaft des Chiefs oder Königs) nicht gut ist, aber er oder sie hat nie Angst und alle nehmen ihn ernst, weil jeder weiß, dass er Nachrichten vom König bringt. Er hat nie Angst oder schämt sich, weil er weiß, woher seine Botschaften kommen.

 

Zweitens schämte sich Paulus nicht, wegen der Wirksamkeit des Evangeliums. Es ist die Kraft Gottes (V. 16b). Paulus schämte sich nicht für das Evangelium, weil er wusste, dass es die einzige Botschaft war, die die Macht hatte, das Leben der Menschen zu verändern. Er hatte das Evangelium in Städten wie Korinth und Ephesus gesehen; und er war zuversichtlich, dass es in Rom funktionieren würde. Das Evangelium hatte Paulus eigenes Leben transformiert, und er wusste, dass es das Leben anderer verwandeln konnte. Ich komme aus Afrika, wo manche Menschen, sehr tief in der traditionellen Religion sind, und einige sogar Fetisch – Priester sind. Dennoch, wenn sie die guten Nachrichten über Jesus hören, geben sie ihren Fetischismus auf.

 

Drittens schämte sich Paulus des Evangeliums nicht wegen der Ergebnisse.  Es ist die Kraft Gottes zur Rettung (V. 16c). Das Wort Rettung hat in Paulus Zeit  eine größere Bedeutung getragen. Seine grundlegende Bedeutung ist die Befreiung, und es wurde auf persönliche und nationale Befreiungen angewendet. Das Evangelium befreit Menschen von der Strafe und Macht der Sünde. Die Erlösung ist ein Hauptthema im Brief an die Römer. Dies wird auch als das große Bedürfnis der Menschen  gesehen (siehe Röm 10: 1, 9-10). Wenn Männer und Frauen gerettet werden sollen, muss es durch den Glauben an Jesus Christus sein, wie es im Evangelium verkündet wird.

 

Viertens, Paulus schämte sich nicht für das Evangelium, wegen seiner Reichweite. Das Evangelium ist für alle, die glauben (V. 15-17). Das war keine exklusive Botschaft für den Juden oder die Heiden. Es war für alle Menschen, so dass alle gerettet werden könnten (Markus 16:15). Für den Juden sagt man  nicht, dass der Jude besser als der Heide ist; denn es gibt keinen Unterschied in der Verurteilung oder in der Rettung (Röm 2, 6-11; 10: 9-13). Das Evangelium an die Juden wurde zuerst im Dienst Jesu Christi verkündigt (Matthäus 10, 5-7) und dann im Dienst der Apostel (Apostelgeschichte 3:26). Wie wunderbar ist es, eine Botschaft der Macht zu haben, die allen Menschen zugänglich gemacht werden kann!

 

Schlussfolgerung und Anwendung

Liebe Gemeinde, lasst uns auch weiterhin, in dieser globalisierten Welt darüber nachdenken, was das Evangelium bedeutet. Und das braucht Offenheit von Herz und Verstand. Ich persönlich bin ein afrikanischer Christ, der ein verändertes Leben erlebt hat, nur indem ich das Evangelium in einfachen Worten gehört habe und ich kann Paulus in Bezug auf die Bedeutung des Evangeliums nur zustimmen. Das Evangelium, die gute Nachricht über Jesus hat ihre Macht nicht verloren. Obwohl viele zeitgenössische paulinische Exegeten mit Luthers Interpretation von Paulus nicht einverstanden sind, ist es doch unbestreitbar, dass es das gleiche Evangelium ist, das Luthers Leben verwandelte. Genauso auch bei John Wesley. Wir sind daher aufgerufen, auf dieses Evangelium zu vertrauen und davon in einfachen Worten anderen zu erzählen. Wie Paulus, müssen wir uns nicht des Evangeliums schämen. Die vergangenen Fehler der frühen Verkündiger dieses Evangeliums sollten uns nicht beschämen. Genauso wenig sollte der kulturelle Hintergrund als Barriere dienen. Denn das Evangelium kennt keine kulturellen Grenzen.