13. Februar 2023 | erlebt, Start-News

Radioandachten zum Nachlesen

(Einer der Pastoren der Christuskirche, Carsten Hokema, ist vom 13.-21.Februar 2023 bei Radio Bremen 2 mit Radioandachten zu hören. Hier sind sie zum Nachlesen.)

 

Samstag, 18.Februar 2023

„Schau‘ mal, da sind Schneeglöckchen! Jetzt ist der Frühling nicht mehr weit.!“
Letzten Samstag geriet meine Frau regelrecht in Verzückung.
Wir waren früh auf dem Weg zum Bäcker, als meine Frau eine Ansammlung von
Schneeglöckchen neben einer Baumwurzel entdeckte.

Mit dem Frühstück sollte es noch etwas dauern: Von allen Seiten wurden die Schneeglöckchen bestaunt. Jede kleine Auffälligkeit wurde kommentiert. Meine Frau freute sich wie eine Schneekönigin über die Schneeglöckchen. Ich wollte ihre Freude nicht dämpfen, gab aber doch ganz vorsichtig zu bedenken, dass ein paar Schneeglöckchen noch lange keinen Frühling machen.

„Nein, nein,“ meinte sie, „das sind ja auch nur die ersten Vorboten!“ Und dann fing sie begeistert an zu erklären, wie die Natur in den nächsten Wochen Schritt für Schritt und langsam aber sicher anfangen würde aufzublühen, grün zu werden, ihre Kraft zu
entfalten und wie ein riesiges Farbenmeer entstehen würde. Sie hatte nur die Schneeglöckchen gesehen und konnte sofort alle Frühlingsfarben sehen. Erstaunlich.
Ich hatte nicht nur die Schneeglöckchen übersehen. Ich hatte auch keinen Blick dafür, dass sie Vorboten für etwas Großartiges sind.

So ähnlich wie mit den Schneeglöckchen und dem Frühling ist es mit dem Reich Gottes.
Das hat Jesus einmal gesagt. Er hat natürlich nicht von Schneeglöckchen gesprochen. Er hat von einem Senfkorn gesprochen. Das war damals das kleinste bekannte Samenkorn. Mit bloßem Auge kaum zu sehen. Riesengroße Senfpflanzen entstehen daraus. Die kannten die Leute auch. Jesus hat oft davon gesprochen, dass das Reich Gottes auf der Erde für alle Leute sichtbar kommen wird. Man müsse nur hinschauen und es wahrnehmen. Es fängt eben nur ganz klein an. So klein wie ein Senfkorn. Skeptiker gab es damals auch schon. Das hat Jesus aber nichts ausgemacht. Er hat weiter von Gott, von Liebe und von einem friedlichen und gelingenden Miteinander aller Menschen gesprochen. „Das alles passiert schon. Mitten unter euch!“
Wenn man hinschaut und seinen Blick für das Gute und für die Liebe schärft, dann entdeckt man immer mehr Vorboten.


Freitag, 17.Februar 2023

Ich habe das Kind in mir wiederentdeckt! Mit großem Vergnügen!
Seit ein paar Wochen helfe ich zweimal in der Woche beim Winterspielplatz meiner Kirchengemeinde mit. Winterspielplatz, das ist ein Drinnen-Spielplatz in der Kirche. Die Stühle sind beiseitegeschoben und ein Bällebad, diverse Rutschen und Schaukeln, Bücher, Bausteine und noch viele andere Spielsachen sorgen für ein Spielparadies bei kaltem und schmuddeligem Winterwetter.

Zwischen 40 und 60 Kinder sind immer da. Mit ihren Eltern.
Letzte Woche kamen zwei Jungs und ein Mädchen auf mich zu. Sie kannten mich nicht und sprachen mich einfach an. „Kannst du einen Turm mit uns bauen?“ Erst habe ich kurz gezögert, aber dann habe ich mich mit den drei Kindern über eine große Kiste Legosteine hergemacht. Wir haben eifrig Bausteine sortiert und sie dann aufeinander gesteckt. Die Kinder haben mir genauestens erklärt, worauf ich zu achten habe, was an welchem Baustein besonders ist und wie der Turm am Schluss unbedingt aussehen muss. Hin und wieder brach der Turm beim Bauen zusammen. Das machte uns aber nichts. Immer wieder haben wir neu angefangen. Bis er endlich fertig war. Unser Turm! Ich schaute auf die Uhr und konnte kaum glauben, dass eine gute Stunde vergangen war.

„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder,“ hat Jesus einmal gesagt, dann werdet ihr die Sache mit Gott und seiner Herrschaft nicht verstehen können. An Legobausteine und versunkenes kindliches Spielen hat Jesus dabei wohl nicht gedacht. Eher an die Situation, die ganz am Anfang unseres gemeinsame Turmbauens stand. Die Kinder sind einfach auf mich zugekommen und haben mich angesprochen. Voller Vertrauen, dass ich mit ihnen einen Turm bauen kann. Keine Vorbehalte, keine Vorurteile.
Erwachsene tun sich damit schwer. Sie wissen längst, dass Vertrauen missbraucht werden kann. Sie haben ihre seelischen Narben und sind vorsichtig geworden. Darum gehen viele nicht mehr ohne Vorbehalte auf andere Menschen zu.

Ihnen hat Jesus gesagt: Gott könnt ihr vertrauen. Bedingungslos.
Ohne Vorbehalte. Der meint es wirklich gut mit euch.


 

Donnerstag, 16.Februar 2023

Reinhard Mey. Vor ein paar Wochen ist der Liedermacher 80 Jahre alt geworden. Als ich Jugendlicher war, gehörten seine LPs zu meiner Schallplattensammlung.
Ein Lied von ihm, sein wohl bekanntestes, habe ich dann – wie viele andere wohl auch – selbst auf der Gitarre geübt.

O-Ton: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle Sorgen sagt man, blieben darunter verborgen und dann würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.“ Wenn ich gesungen und die Gitarre gezupft habe, dann war ich in einer anderen Welt. Über den Wolken eben.

Das geht mir heute auch noch so. Ich sehne mich manchmal danach, einfach mal alles hinter mir zu lassen, abzuheben, einfach weg zu sein und den Alltag zu vergessen.

Gerade in den letzten Wochen und Monaten geht mir das so. Ja, das wäre was, wenn ich mitten in meinem Alltag ‚Wind Nord-Ost‘ und eine ‚Startbahn Null drei‘ hätte,
um abzuheben – einfach mal weg von den Sorgen des Alltags.

Ein Text aus der Bibel singt im übertragenen Sinn ein anderes Lied: Nicht weg von den Sorgen des Alltags, sondern direkt rein in den Alltag. Der Apostel Paulus hat es geschrieben. Jesus, so heißt es im Text, war – vor aller Zeit – ganz ohne Sorgen und Ängste. Sozusagen ‚über den Wolken‘, im Himmel, bei Gott. Aber, und so geht es weiter, da wollte er nicht bleiben. Er machte sich auf den Weg nach unten, runter zu den Menschen. Man könnte sagen, dass die Landebahn der Stall von Bethlehem war. Und dann ging es weiter, das Leben Jesu. Ein ganz alltägliches Leben auf dieser Erde. Jesus verkörperte die Botschaft: Gott kommt runter zu den Menschen. Mitten in ihren Alltag. Auch zu ihren Sorgen. Und er will da sein für die Menschen.

Kein Wunder, dass viele Menschen, die zur Zeit Jesu lebten, sagten:
Das ist ja himmlisch, was wir durch Jesus erleben und hören.
Gott kommt zu uns runter.
Ja, über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Und unter den Wolken, mitten in unserem Alltag, ist Gott bei uns.

 

 


Mittwoch, 15.Februar 2023

Ich freue mich schon jetzt auf den FIREAbend. Nein, nicht der Feierabend am Ende des heutigen Tages, sondern Feierabend, geschrieben und gelesen wie das englische Wort für Feuer, fire.

Vor unserer Kirche machen wir seit knapp einem Jahr jeden Mittwochabend ein Lagerfeuer. Seit es kälter geworden ist, haben wir eine Feuertonne dazugestellt.
Jede Woche kommen Leute aus der Nachbarschaft. Sie stehen ums Feuer herum und genießen die Stimmung. Miteinander verbringen sie einen Teil ihres Feierabends.

Einen kleinen Anhänger mit Vordach zum Unterstellen haben wir auch.
Im Anhänger machen wir Waffeln und Glühpunsch.
Im Sommer waren die Getränke gekühlt und ständig glühte der Grill.

Im Laufe des vergangenen Jahres habe ich viele nette Nachbarinnen und Nachbarn kennengelernt. Und ich merke, wie sehr mir das Treffen mit Leuten gefehlt hat. Jetzt ist alles wieder möglich. Treffen nach Corona – ganz ohne Einschränkungen, ohne Masken, Tests und auch nur noch mit ganz geringer Sorge vor Ansteckung.
Zuerst fiel es mir aber gar nicht so leicht, mich wieder auf Leute einzulassen.
Ich hatte sogar den Eindruck, dass ich es wieder richtig üben musste, das Smalltalken, den lockeren Austausch über Gott und die Welt.
Und ich musste auch den Willen dazu neu entwickeln. Ich selbst hatte mich im Laufe der vergangenen Corona-Jahre dann doch ziemlich an die vielen Abende allein, zuhause, in aller Beschaulichkeit auf dem Sofa gewöhnt. Der Feierabend war immer ganz ruhig und entspannt.

Daran kann man sich gewöhnen.
Wenn ich mich jetzt nach meinem Arbeitstag beim FIREAbend vor der Kirche um das Holz, den Anhänger und den Glühpunsch kümmere, dann muss ich mir vorher manchmal einen kleinen Schubs geben.
Aber wenn ich mich dann zum Treffen in der Nachbarschaft aufgemacht habe, dann komme ich eigentlich jeden Mittwoch spät abends glücklich nach Hause.
Jedes Mal treffe ich tolle Menschen. Es gibt immer ein paar Begegnungen und Gespräche, über die ich mich freue und die mir gut tun.
Das Leben teilen, miteinander sprechen, füreinander da sein, darum geht es in der Kirche. Das Ganze kann auch vor einer Kirche stattfinden. Es tut richtig gut. So wie der Feierabend.

 


Dienstag, 14.Februar 2023

Heute muss man einfach Blumen kaufen! Am besten rote Rosen oder eine einzelne edle tiefrote Baccararose. Denn heute ist der 14.Februar. Valentinstag!
Bei so vielen Blumen, die heute gekauft werden, ist es kein Wunder, dass der Blumenhandel verdächtigt wird, den Valentinstag erfunden zu haben. Ist aber nicht so.

Der Valentinstag hat seinen Namen vom heiligen Valentin. Und der soll sich im
3. Jahrhundert ganz besonders um Liebespaare gekümmert haben.
Christinnen und Christen wurden damals von staatlicher Seite verfolgt. An öffentliche Gottesdienste oder sogar christliche Hochzeitszeremonien war überhaupt nicht zu denken.
Valentin hat es trotzdem gemacht: Er hat Christinnen und Christen miteinander verheiratet. Und es wird berichtet, dass Valentin den frisch getrauten Paaren dann auch immer Blumen aus seinem eigenen Garten geschenkt hat.
Ob es den heiligen Valentin wirklich gegeben hat oder ob da etwas um einen ganz normalen Priester sehr blumig ausgeschmückt wurde, das kann man nicht mehr so genau sagen.
Egal wie, laut Überlieferung ging die ganze Sache für den Priester auch gar nicht gut aus. Dem Kaiser gefiel das, was Valentin da im Namen des christlichen Glaubens tat, überhaupt nicht. Im Jahr 269 wurde Valentin enthauptet. Kein schöner Valentinstag.
Valentin hat aus christlicher Überzeugung gehandelt. Liebe weitergeben und verschenken, das ist ein wesentliches Anliegen des christlichen Glaubens.
Valentin hat es einfach gemacht.

Dass der Valentinstag so bekannt wurde, das hat aber doch mit dem Blumenhandel zu tun. In den Wirtschaftswunderjahren der Bundesrepublik wurde der Valentinstag mit großen Plakat- und Anzeigenkampagnen beworben.

Ich finde es gut, dass es besondere Tage wie den Valentinstag gibt, Tage, an denen man seine Liebe und Zuneigung besonders zum Ausdruck bringt.
Besonders toll finde ich allerdings die Blumen zwischendrin. An ganz normalen Tagen.
Das freut dann nicht nur den Blumenhandel nebenan,
sondern mitten im Alltag auch den oder die Liebste.


Montag, 13.Februar 2023

Blue-Monday-Effekt – so nennt man wissenschaftlich das Tief am Montagmorgen. Der traurige Montag, den viele Berufstätige gut kennen. Die Woche türmt sich vor einem auf.
Bei mir geht das leider oft schon am Sonntagabend los. Das Wochenende geht zu Ende, und meine Gedanken wandern zum Montag. Und dann zum Dienstag, Mittwoch, na ja, und dann fällt mir auch gleich noch ein, was am Donnerstag und Freitag ansteht.
Und zack bin ich wieder voll drin im Alltag.
Manchmal schaffe ich es, die Gedanken an die nächste Woche auf den Wochenbeginn, auf Montag zu verschieben. Das trifft mich dann aber montagmorgens manchmal ganz schön unvermittelt: Die lange Liste der Dinge, die ich im Laufe der Woche Stück für Stück abhaken möchte.

Und wenn ich auch noch die Termine der ganzen Woche sehe, dann sorgt der Montagmorgenblick auf meinen Kalender auch nicht unbedingt für heitere Gelassenheit.
Oft mache ich mir, wenn ich meine Listen und Termine für die nächsten Tage sehe, schon jede Menge Sorgen im Vorfeld. Was könnte wobei wie und wann schief gehen? Was darf ich auf gar keinen Fall vergessen? Ich mache dann noch schnell einen weiteren Notizzettel, auf dem ich das besonders Wichtige mehrfach unterstreiche. Neben der langen Liste liegen dann manchmal 5 bis 10 weitere Zettel. Und dann merke ich irgendwann, dass ich mich verzettele.
Wenn ich eine neue Woche wie einen Berg vor mir sehe und meiner Frau davon erzähle,  dann lächelt sie mich an. Und dann weiß ich schon, was sie gleich sagen wird.
Sie wird mir zum wiederholten Mal die Geschichte aus Michael Endes ‚Momo‘ erzählen. Der alte Straßenkehrer Beppo verrät seiner Freundin Momo ein Geheimnis: „Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, das kann man niemals schaffen. (…) Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? (…) „Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: „Auf einmal merkt man, dass
man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt
wie, und man ist nicht außer Puste.“ Er nickte vor sich hin und sagte
abschließend: „Das ist wichtig.“
Ich nehme es mir vor: Heute denke ich mal nur an heute. Also an den heutigen Montag. Die Dienstag-Angelegenheiten und die ‚Dienstag-Sorgen‘, die mache ich mir heute noch nicht. Und Mittwoch ist dann wieder ein Tag für sich mit seiner ganz eigenen To-Do-Liste und seinen eigenen Sorgen.
Ein Versuch ist’s wert! Und Motivation von höchster Stelle gibt es dafür auch.
Jesus hat gesagt: ‚Quält euch nicht mit Gedanken an morgen; der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last hat.‘
Mit der Last und den Listen eines Tages komme ich klar. Schritt für Schritt. Wie Beppo.