22. November 2021 | erlebt

Festgottesdienst – ‚Kirche für andere‘ – Ein Bericht

Die ersten Töne, die im Festgottesdienst anlässlich des 150.Jubiläums der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Hamburg-Altona, zu hören waren, kamen der versammelten Gemeinde (85 Personen) und denjenigen, die den knapp zweistündigen Gottesdienst per Livestream miterlebten (ca.70 zugeschaltete Geräte ), von Orgel und Trompete entgegen: ‚Wachet auf, ruft uns die Stimme‘ von J.S.Bach. Und auch die ersten Worte, die Hedrikje Keßler, die durch den Gottesdienst leitete, sprach, lauteten ‚Wachet auf!‘.

 

Aufrüttelnde Töne und Worte zu Beginn eines Festgottesdienstes? Töne und Worte machten deutlich, dass das Feiern eines Festgottesdienstes nicht dazu dienen darf, dass man sich womöglich selbstgefällig zurücklehnt, um das Erreichte oder Erlebte einfach nur Revue passieren zu lassen oder um sich im Glanz des Vergangenen zu sonnen. Dass dies die Altonaer Gemeinde im Rahmen ihrer Feierlichkeiten getan hätte, kann man ihr nun wirklich nicht vorhalten. Die am ersten Abend der Feierlichkeiten auch schmerzhafte Auseinandersetzung mit dunklen Kapiteln der Gemeindegeschichte (siehe Bericht) belegte dies eindrücklich.
Auf- und wachgerüttelt werden muss Gemeinde jedoch immer – auch in Festgottesdiensten.

Die Verkündigerin des Tages, Prof. Dr. Andrea Strübind aus Oldenburg, tat dies dann auch auf feine und zugleich deutliche Weise, indem sie das Motto der Festwoche ‚Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.‘ (D.Bonhoeffer) mit den Worten Jesu vom Weltgericht (Mt.25) in Verbindung brachte. Zunächst erläuterte Andrea Strübind den Kontext des Bonhoeffer-Zitats, um dann auch zu fragen, ob eine Kirche, die dauernd aktiv für andere da ist, nicht auch in der Gefahr stehe, sich in Dauertätigkeit, in Projekten, Planungen und Konzepten und damit auch in sich langsam einschleichende Werkgerechtigkeit zu verlieren. Kirche, so Andrea Strübind, müsse auch immer aus der Kontemplation, aus der Begegnung mit Gott kommen, um sich nicht in Aktionismus zu verlieren und um das Wesentliche des Glaubens, die Begegnung mit Gott, für Menschen zu ermöglichen.
In ihrer Predigt wies Andrea Strübind die Gemeinde neu zu den Menschen als Ort der Gegenwart Jesu hin, über die Jesus in seinen Worten gesagt hat: ‚Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!‘.

Nach Bibelwort und Begrüßung hatten zu Anfang des Gottesdienstes  Kinder aus der Kinderkirche die Gestaltung des Festgottesdienstes übernommen. Sie hatten einen Quiz über Gemeinde und Kirchengebäude vorbereitet. Dass Kinder im Gottesdienst nicht nur ‚Objekt einer Kinderbespaßung im gottesdienstlichen Rahmen‘ sind, wurde gleich zu Beginn an der Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, mit der sich die Kinder einbrachten, deutlich.

In dem unter 2G-Regeln veranstalteten Gottesdienst wurde auch viel gesungen. Bei der Liedauswahl überwog der Dank gegenüber Gott, der durch Lieder unterschiedlicher Stilrichtungen zum Ausdruck gebracht wurde. Einen gemischten Chor gibt es in der Christuskirche seit einigen Jahren nicht mehr. Umso mehr erfreute ein kleiner ‚Spontanchor‘, der moderne Literatur vortrug und gegen Ende des Gottesdiensts die Gemeinde auch noch bei einem Lied begleitete, das insbesondere ältere Gottesdienstbesucher:Innen gerne mitsangen: ‚Wie ein Strom von oben‘.

Die Ältesten der Gemeinde, Stefan Hoyer, Reinhard Lüdecke und Wolfgang Pfeiffer, lasen im Laufe des Gottesdienstes Psalmen im Wechsel mit der Gemeinde und die Pastoren Qorban Sultani und Carsten Hokema stellten der Gemeinde eine junge Frau vor, die am 4.Advent gemeinsam mit etlichen anderen Frauen und Männern in der Gemeinde getauft werden wird. Für viele der Anwesenden war das vorgetragene und von Qorban Sultani übersetzte Taufzeugnis ebenso wie das persönliche

Zeugnis eines Gemeindemitglieds, welches seit 70 Jahren zur Gemeinde gehört, weitere berührende Momente im Gottesdienst.

 

 

 

 

Nach dem Gottesdienst folgten vier kurze Grußworte: Das Diakoniewerk Tabea und das Jesus Center, deren Entstehungsgeschichte jeweils eng mit der Gemeinde verbunden ist, sowie die Amazing Grace Baptist Church, die als Gemeindegründungsprojekt des BEFG in der Gemeinde ihr Zuhause hat, kamen durch ihre Vertreter zu Wort. Per Video wurde das Grußwort des BEFG gezeigt, welches nicht nur durch sein Setting (aus einer Turnhalle in Berlin) aus dem Rahmen fiel.
Nach dem Gottesdienst traf die Gemeinde sich zum gemeinsamen Mittagessen im Gemeindesaal der Christuskirche. Als sich die Feierlichkeiten gegen 15:00 Uhr dem Ende entgegen neigten, füllte sich die Kirche bereits wieder von neuem mit Geschwistern, die einen weiteren Gottesdienst gemeinsam mit Qorban Sultani feierten.

Glücklich und dankbar machten sich viele der Freunde, Gemeindemitglieder und Gäste der Gemeinde auf den Weg in ihren Alltag, um dort ‚Kirche für andere‘ zu sein.