24. November 2021 | erlebt

Geburtstagsfeier der Gemeinde. 19.11.2021- Ein Bericht

Wie feiert man auf den Tag genau 150 Jahre nach der Gemeindegründung den Geburtstag einer Gemeinde? Die Christuskirche in Hamburg-Altona hat es am 19.11.2021, 150 Jahre nach dem 19.11.1871, auf eine, auf ihre Weise getan.
Zur gottesdienstlichen Geburtstagsfeier (oder war es ein ‚geburtstaglicher Gottesdienst‘?) waren knapp 30 Personen erschienen. Ebenso viele waren an den Bildschirmen zugeschaltet.

Nach einem triumphalen Intro-Video, welches an den Beginn von Kinofilmen erinnerte und die Geschichte der Gemeinde Altona ausschnitthaft in einer Minute darstellte, lasen die beiden Pastoren der Gemeinde im Wechsel acht Bibelstellen vor, die deutlich machten, dass Gemeinde und Gemeinschaft ein Geschenk Gottes sind.

Die Ältesten der Gemeinde, Stefan Hoyer, Reinhard Lüdecke und Wolfgang Pfeiffer begrüßten alle Besucher:Innen und dachten dabei auch besonders an diejenigen, die seit Jahrzehnten zur Gemeinde gehören, aufgrund ihres Alters an diesem Abend aber leider nicht teilnehmen konnten.

Nach Gebet und dem gemeinsamen Lied ‚Herr Jesu, Grundstein der Gemeinde‘ hielt Carsten Hokema eine Andacht, in der er zum einen die Freude über den besonderen Geburtstag und zum anderen die Herausforderung, Gemeinde immer offen und ehrlich zu leben, herausstellte.

 

Bezüglich des Miteinanders in der Gemeinde zitierte er aus Bonhoeffers ‚Gemeinsames Leben‘ (Anm.: Das Motto der Festwoche ‚Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist‘, welches als Banner in der Kirche aufgehängt wurde, stammt ebenfalls von D.Bonhoeffer): ‚Es kann sein, dass Christen trotz gemeinsamer Andacht, gemeinsamen Gebetes, trotz aller Gemeinschaft im Dienst allein gelassen bleiben, (…) weil sie zwar als Gläubige, als Fromme Gemeinschaft miteinander haben, aber nicht als die Frommen, als die Sünder. Die fromme Gemeinschaft erlaubt es ja keinem, Sünder zu sein. Unausdenkbar das Entsetzen vieler Christen, wenn auf einmal ein wirklicher Sünder unter die Frommen geraten würde.‘

Dass die ‚tote Christenheit‘ aus dem ‚Schlaf der Sicherheit‘ geweckt werden solle, diesen Wunsch äußerten alle Anwesenden, indem sie im Abschuss an die Andacht das Lied ‚Sonne der Gerechtigkeit‘ sangen.

Harald Frey, der ehemalige Gemeindeleiter der Gemeinde und Stefan Hoyer leiteten im Anschluss den Teil des Beisammenseins, in dem es um die Zeit der Gemeinde zwischen 1933 – 1945 ging. Harald Frey erinnerte an das Schuldbekenntnis des BEFG, welches im Rahmens des EBF-Kongresses in Hamburg verlesen wurde. Im Anschluss verlas er den ganzen Text des Schuldbekenntnisse.

Stefan Hoyer fügte Worte für die Gegenwart und Zukunft an:
„Gestern (Anm.: Am ‚Geschichtlichen Abend‘  zum Jubiläum) haben wir gehört (…), dass diese Gemeinde nicht nur eine war, die geschwiegen hat, sondern in dieser Gemeinde kam es zur Mittäterschaft, kam es zur Unterstützung des Naziregimes.

Wir können und wollen uns nicht erheben über unsere Geschwister, die vor uns gelebt haben.
Wir erkennen deutlich, dass sie verführt waren, aber wir haben einen aktuellen und frischen Schmerz, ein tiefes Erschrecken über das, was möglich war in unserer Gemeinde, die wir lieben, in der wir Gott begegnen. Wir sind tief erschrocken über die Dinge und wollen heute aus der Sicht 2021 neu uns von Gott ermutigen lassen, Dinge anders zu machen.
Wir wollen in der Gesellschaft nicht schweigende oder Mittäter oder Mithelfer sein und bleiben.
Wir wollen Unmenschlichkeit nicht Sachzwang nennen.
Wir wollen nicht auf Unrecht oder Böses mit Schweigen reagieren.
Wir wollen Ausgrenzung und Hass in jeder Form entgegentreten in der Liebe Jesu Christi und in seiner Klarheit.
Wir widerstehen und widersprechen jeder Form des Rassismus, auch einem religiösem Rassismus, auch einem Rassismus, der die Herkunft die politische Ausrichtung oder die Identität eines Menschen meint.
Wir widerstehen in der Klarheit und in der Liebe Jesu Christi diesen Strömungen und diesen Geisteshaltungen.
Wir erkennen dabei, dass wir nicht gegen Menschen kämpfen, nicht gegen ‚Fleisch und Blut‘, niemals gegen Menschen, sondern dass die Kräfte des Bösen damals und auch heute die Gesellschaft verführen wollen.
Wir einen uns nur in Jesus Christus, er ist allein der Herr. In ihm sind wir einer, weder Juden noch Griechen – wie es bei Pauls gesagt wurde -, sondern einer.”

Hendrikje Keßler sprach im Anschluss ein Gebet, in dem sie das zuvor Gesagte aufnahm und Gott um seinen Segen für den weiteren Weg der Gemeinde bat.

Im Anschluss feierte die Gemeinde Abendmahl und nahm sich auch Zeit für kurze Videos, in denen unterschiedliche Gemeindemitglieder nachdenkliche und auch heitere Aussagen zur Geschichte und Gegenwart der Gemeinde machten.
Zeugnisse, die skizzenhaft an einer Leinwand festgehalten wurden, schlossen sich an und gegen 21:00 Uhr erklang das Lied ‚Gesegnet sei das Band‘.

Der inhaltreiche aber auch abwechslungsreiche Abend wurde im Rondell der Gemeinde noch lange bei einem gemütlichen Beisammensein fortgesetzt.